Mitunter kann es Segen und Fluch zugleich sein, in einer der kleinsten Metropolen der Welt eng mit der Musikszene verheiratet zu sein. Von beidem kann der 45jährige Frankfurter Pauli Steinbach ein Lied singen. Seit knapp einem Vierteljahrhundert ist Steinbach als DJ rund um den Globus in fast allen angesagten Clubs präsent. Nicht zuletzt ist Steinbach fast genauso lang als A&R für einige der einflussreichsten Plattenfirmen der elektronischen Tanzmusik tätig und auch damit aus der Historie von Techno einfach nicht wegzudenken.
Die Geschichte von Pauli Steinbach lässt sich allerdings nicht erzählen ohne den weltweit vielleicht bekanntesten Gestalter von Techno: Sven Väth. Pauli Steinbach und Väth waren es schließlich gemeinsam, die zu Beginn der Neunziger Jahre den Frankfurter Kultclub Omen konsequent zur beliebtesten deutschen Adresse für Techno ausbauten und damit der elektronischen Tanzmusik zu einer internationalen Heimat für Energie verhalfen. Paulis unermüdliche DJ-Vision einer gegenseitigen Befruchtung von europäischer Clubkultur, progressivem House und geschmackssicherem Techno beflügelte die Ästhetik der deutschen Clubszene weit über das Omen hinaus.
Insofern war es eigentlich nur konsequent, dass Sven Väth auf Steinbachs musikalisches Gespür für Trends auch bei der Gründung seiner beiden Labels EYE-Q und Harthouse setzte, nachdem Pauli bereits als A&R beim damals wichtigsten Frankfurter Dance-Label Logic Records tätig war. Bis 1996 bestimmte Steinbach die Geschicke von EYE-Q und Harthouse und prägte damit musikalisch eine ganze Generation. Zwischen 1996 und 1998 zog es Pauli dann als DJ rund um den Globus: Neben Gigs in Mexico, Argentinien, USA, Japan, Australien und Neuseeland leitete er 1998 auch einen Club in der mexikanischen Karibik (Espiral, Playa del Carmen). Aber zum Ende der Neunziger Jahre führte Steinbachs Weg wieder nach Frankfurt, wo er nach einer kurzen Zwischenstation bei Frisbee Tracks im Sommer 2000 das Label Cocoon Recordings leitete.
Seitdem hat sich Cocoon Recordings zu einer der wichtigsten Plattformen für qualitativ anspruchsvolle und hoch tanzbare elektronische Tanzmusik im neuen Jahrtausend entwickelt. Cocoon Recordings findet sich in schöner Regelmäßigkeit bei allen Umfragen unter den beliebtesten deutschen Techno-Labels, und es gilt bei vielen Techno- und Houseproduzenten als ein ganz besonderer Ritterschlag, zu dieser Erfolgsstory mit einem eigenen Release beizutragen. Nicht zuletzt ein Verdienst der geschmackssicheren A&R von Steinbach, der es wie kaum ein anderer Szenekenner versteht, musikalischen Anspruch und tanzflächengeneigte Energie auf Anhieb zu erkennen.
Dieses herausragende musikalisches Gespür zeichnet auch den DJ Pauli Steinbach aus. Fernab von Profilierungsdünkeln steht Steinbach an den Plattentellern für ein Leben von und mit Musik, was er als DJ in den vergangenen fünf Jahren unter anderem bei so renommierten Festivals wie Nature One oder Sonne Mond & Sterne unter Beweis stellen konnte. Knapp 25 Jahre Erfahrungen mit dem Dancefloor prägen Steinbachs Fähigkeit, jenseits von Dogmen und Genregrenzen eine ganzheitliche Vision von Techhouse zu zelebrieren, in der aktuelle Technotracks und auch der eine oder andere Klassiker wie selbstverständlich zusammengehen. Da erscheint es nur konsequent, dass Steinbach noch auf physikalische Tonträger und echtes DJ-Handwerk setzt, denn seien wir doch mal ehrlich: Sind Laptop-DJ-Sets wirklich sexy? Wer eine klanglich facettenreiche Nacht mit zeitlos aktueller elektronischer Tanzmusik zwischen Reduktion und Ornament erleben will, ist bei Pauli Steinbach jedenfalls in den besten Händen.
Jochen Ditschler